Körpersprache macht den Großteil unserer Kommunikation aus. Das ist einer der Hauptgründe, Menschen zu persönlichen Gesprächen zu bewegen, statt sie sich hinter dem geschriebenen Wort verstecken zu lassen, damit du möglichst viel von dem verstehst und begreifst, was sie meinen, sowohl in ihrem, als auch in deinem Interesse.

Übersicht

Körpersprache: wie und was

Mit Körpersprache bekommt das Gesagte einen Kontext, kann eine Stimmungslage reflektieren oder unterstützen, und oft auch Wünsche und Bedürfnisse kommunizieren, im Positiven wie im Negativen.

Trotzdem, und das muss immer klar sein, ist Körpersprache nur ein Hinweis, und lässt keine in Stein gemeißelte Aussage zu. Und Menschen, die sich (ihrer) Körpersprache bewusst sind, werden sie versuchen einzusetzen, wenn auch eher sich selbst gegenüber.

Und Körpersprache beinhaltet mehr als die Bewegung des Körpers: Sie lesen zu können, bedeutet auch, dass du auf die Stimme achten musst, wie Intonation, Lautstärke, Varianz – wobei auch hier gilt, dass das nur ein Hinweis ist. Allerdings ein weiterer, und er hilft dir so ebenfalls dabei zum Gesamtbild etwas beizutragen.

Danach kommt das, wie etwas gesagt wird: Wortlänge, Art der Pronomen, Adjektive, Satzlänge, und all das, was Worten Bedeutung und besonders Bildern zukommen lässt.

Und nur ganz zum Schluss, mit dem geringsten Teil, kommt das, was gesagt wird. Es gibt kaum Menschen, die wirklich das meinen, was sie sagen – absichtlich und unabsichtlich.

Es ist zu Beginn bei Weitem nicht so wichtig, dass du dich mit Gesichtsausdrücken beschäftigst, wie du vielleicht meinen könntest. Natürlich spielen sie auch eine Rolle, und später werden diverse Feinheiten unerlässlich für gezieltes Lesen deines Gegenübers sein. Im Sinne des Paretoprinzips kannst du das nur hinten anstellen. Es ist unglaublich schwer, das sinnvoll zu nutzen – aber wenn es funktioniert, dann großartig –, da du eben nicht so einfach im Gesicht eines Menschen lesen kannst, weil du in einer Kultur lebst, in der du schon als Kleinkind beigebracht bekommst deine Mimik zu verstellen. Zum Lesen eines Menschen ist es nur ein kleiner Baustein und davon der schwerst zugängliche.

Einher mit dem Thema geht übrigens auch das Achten auf Kleidung, Schuhe; auf Sauberkeit, Fingernägel; auf diverse Ticks; also auf die Dinge, die du mehr oder weniger bewusst steuern kannst.

Und für das Lesen ist es wichtig, dass du da eine Ausgangsbasis deines Gegenübers erstellst.

Von außen betrachtet

Fang von außen an: Einigen Menschen ist vieles tatsächlich egal, ohne, dass es etwas an ihrer Qualität oder ihrem Anspruch ändert – was allerdings bereits viel über sie aussagt –, bei einigen steht das Wahrnehmbare extrem im Vordergrund – was ebenfalls bereits sehr viel über sie aussagt: „Gute“ Geheimagent:innen sind deshalb auf keinen Fall James Bond, sondern das Durchschnittlichste, was du dir überhaupt vorstellen kannst.

Wichtig sind diese auffälligen Details immer dann, wenn sie nicht in das Gesamtbild passen, was sowohl im Negativen als auch im Positiven sein kann. Ein Mann im Anzug, geputzten Schuhen, Designerbrille, aber dreckigen oder kaputten Fingernägeln? Oder tiefer im Detail: Ein Mann im Anzug, geputzten Schuhen, Designerbrille, gut gepflegten Fingernägeln, aber es fällt dir auf, dass die Fersen von den Schuhen nicht gepflegt sind? Oder das Mädchen vom Block im Jogging-Anzug, das eine korrekte Brustwirbelsäulenhaltung hat? Zumindest bemerkenswert.

Die wichtigste und erste Aufgabe für dich um Körpersprache lesen und deuten zu können, besteht erst mal darin zu lernen, Körpersprache zu beobachten, Stimmlagen bewusst wahrzunehmen und auf feine Details zu achten, und zwar so, dass es dein Gegenüber nicht mitbekommt.

Das ist essenziell: In dem Augenblick, wo eine Person mitbekommt, dass du sie beobachtest, wird diese Person ihr Verhalten bewusst oder unbewusst ändern, und du wirst nur mit extrem viel Aufwand wieder einen Zugang bekommen.

Nur schon durch das aktive Beobachten auf dieser Detailebene kannst du unglaublich viel lernen, deine Ausgangsbasis-Palette deutlich erweitern, und für dich selbst Schlüsse ziehen können, vor allem, weil dir viele Dinge auffallen werden, die hier nicht erwähnt werden und du an anderer Stelle nachlesen kannst.

Was der Körper sagt

Körpersprache ist wirklich eine Sprache: mit Subjekt, Prädikat und Objekt. Mit Dialekten. Mit Kurzformen. Tatsächlich anderen gesprochenen Sprachen. Sie ist relativ eindeutig und trotzdem nicht korrekt aussagend – im Großen und Ganzen wie das, was du normalerweise unter Sprache verstehst.

Deshalb gibt es verschiedene Ansätze zum Lesen von Körpersprache. Ich persönlich mag diese Betrachtung, wie sie Allan Pease macht, und dem Modell von Behagen und Unbehagen, wie es Joe Navarro praktiziert.

In dem, wie Allan Pease Körpersprache interpretiert, geht es primär darum, dass es eben nicht einzelne Hinweise oder Momentaufnahmen gibt, die eine qualitative Aussage zu lassen, wie zum Beispiel: Nur weil jemand seine Arme gekreuzt hat, bedeutet das noch lange nicht, dass diese Person dir ablehnend/verschlossen/kritisch gegenüber steht – der Person könnte kalt sein, oder es ist einfach eine bequeme Körperhaltung.

Es ist wichtig, dass du den ganzen Körper betrachtest und mehrere Details zusammen fügst, und auch zu beobachten, wie diese sich im Laufe der Zeit verändern. Auch hier also wieder: Es braucht eine Ausgangsbasis und es braucht dafür noch mehr den Kontext.

Wenn eine Person also ihre Arme kreuzt, die Beine kreuzt, zur Seite sieht, laut ausatmet, und dabei das Gesprochene immer kürzer und knapper wird, dann und erst dann kannst du mit einer hohen Wahrscheinlichkeit annehmen, dass diese Person genervt und ablehnend reagiert, aber auch gleichzeitig, dass sich diese Person dem Kontext nicht einfach entziehen kann. Und trotzdem könnte sich bei weiterer Beobachtung noch herausstellen, dass der wahre Grund ist, dass diese Person an sich gar nicht ablehnend eingestellt ist, sondern nur etwas Besseres vorhat, weil sie sich fragend am Kopf kratzt und regelmäßig auf die Uhr anfängt zu schauen, und zu höflich ist zu gehen. Aber auch so einfache Dinge wie: Wohin zeigen die Füße im Verlauf eines Gespräches? Wie weit nähern sich die Hüften, wenn sich zwei Personen begrüßen?

Vereinfacht könntest du auch von Clustern sprechen, und dieses Modell hilft, diverse Gesten in einen sinnvollen Kontext zu bringen, und gerade von außen und mit etwas mehr Abstand Körpersprache zu lesen und zu analysieren, und im Vorfeld eine Ausgangsbasis herzustellen.

Ganz besonders wichtig ist das bei Menschen, die eine an sich sonst kontrollierte Körpersprache haben, aus welchen Gründen auch immer. Das ist tatsächlich weniger konstruktiv als diese Menschen meist annehmen. Das Ausbleiben einer erwarteten Reaktion sagt viel aus, und jedes Mal, wenn die Kontrolle für einen winzigen Augenblick versagt, sagt das etwas über die Intensität des dahinter steckenden Gefühles eine Menge aus – zumindest für Menschen, die darauf achten.

Um da also direkt eine Brücke zur „Abwehr“ beizusteuern: Wenn du dich möglichst natürlich und wie erwartet benimmst, ist das der beste Schutz gegenüber Personen, die davon Ahnung haben, und früher oder später kannst du dann sogar bewusst mit diesen Erwartungshaltungen spielen, weil du die Ausgangsbasis ausnutzt.

Kurz erwähnt hatte ich das Modell von Behagen und Unbehagen von Joe Navarro – aufwärts- und abwärts-gerichtete Körpersprache: Alles, was den Körper nach oben bewegt und hält, ist prinzipiell positiv motiviert – kann aber auch schlechte Motive haben, wie etwa das Aufrichten als Drohgebärde –, und alles, was den Körper nach unten bewegt, hat meist eine negative Gefühlslage als Grundlage – und kann auch schöne Motive haben wie Empathie.

Ein einfaches Beispiel: der ausgepustete Rauch bei Zigaretten. Erstaunlich effektiv als Hinweis für dich, ob die Person eine generell positive Haltung hat, oder eine negative. Sitzt jemand wie ein Schluck Wasser in der Kurve beim Telefonieren, oder richtet sich die Person auf? Sinkt der Kopf, wenn das Gegenüber etwas erzählt, oder hebt er sich? Das ist übrigens kulturübergreifend, und viele „laute“ Gesten, die du kennst, fußen genau darin. Jemand hat gesiegt? Die Hände gehen zum Himmel. Verloren? Die meisten Fans setzen sich.

Und als praktischer Hinweis: Körpersprache ist eine Feedback-Schleife. Körpersprache ist ein Ausdruck deiner Gefühlswelt, deine Gefühlswelt ist ein interner Ausdruck deiner Körpersprache. Durch bewusstes Verändern der eigenen Körpersprache kannst du Gefühlslagen beeinflussen und manchmal erzeugen.

Einige Menschen machen das zum Beispiel unbewusst, wenn sie „sich aufraffen“. Und einige Verkäufer:innen nutzen das aus, in dem sie ein warmes Getränk anbieten, weil das dein Gegenüber in der Regel dazu zwingt, eine offene Körperhaltung einzunehmen, was wiederum zu einer offenen Geisteshaltung führen kann. Oder der Chef, der es in einer Besprechung oder Vier-Augen-Gespräch toll findet, die Arme hinter dem Kopf zu verschränken.1

Auch hier gehe ich nicht zu sehr ins Detail, sondern lege dir nahe, darauf nach und nach bewusst zu achten, und die folgenden weiterführenden Links und Medien eingehend zu studieren.

Schon während du das übst, musst du dir die Zeit nehmen ganz bewusst Menschen nur zu beobachten, und erst nach und nach versuchen deine Schlüsse daraus zu ziehen.

Im Idealfall wird das eine Partner:innenübung, damit du dich abgleichen und herausfinden kannst, warum dein/e Partner:in vielleicht etwas anderes gesehen hat. Bis dahin musst du nach und nach auch anfangen, auf deine eigene Körpersprache bewusst zu achten. Und dann, als nächster kleiner Schritt zu beobachten, wie sich Körpersprache in Gruppen äußert – erst mal nur beobachtend.

Weiterführende Literatur und Medien

Wie etwas gesagt wird

Erstaunlicherweise ist das ein Thema, das fast immer nur aufgegriffen wird, um die eigene Außendarstellung zu verbessern, aber selbst bei Profis selten genutzt wird, um das Gegenüber einzuschätzen und Dinge in Kontext zu setzen.

Schnell lernst du Dinge wie „sprich langsamer und leiser, um die Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen“, oder „mit fester Stimme sprechen, um Entschlossenheit auszudrücken“, „lass die Stimme am Satzende fallen, um eine Aussage, für die du keine weiteren Gegenaussagen erwartest, zu unterstreichen“, und was es da alles gibt.

Insofern ist der Zugang da oft, dass du dir überlegen musst, was du alles tust, um besser dazustehen, und dann das Gegenteil davon als Grundlage zum Arbeiten zu nehmen.

Prinzipiell ist das eine Fähigkeit, die jedem Menschen angeboren ist, sie muss nur kultiviert werden. Durch das bewusste darauf achten wirst du dein Ausgangsbasis-Repertoire wieder erweitern, und besonders im Kontext mit Körpersprache die Feinheiten schnell zuordnen können. Auch hier gilt natürlich, dass das nur ein Hinweis ist.

Vereinfacht musst du also beim „wie“ darauf achten, wie sich die Tonlage ändert, wie die Satzlänge ist, wie viele Silben die benutzten Wörter haben. Dafür musst du das Gegenüber möglichst viel reden lassen.

Auch hier macht es die Übung, und du musst Gesprächen zuerst nur zuhören und darauf achten, wie etwas gesagt wird, und dann schauen, ob es zum Inhalt passt, oder wie der Inhalt dadurch an Bedeutung verändert wird. Du musst dann auch überlegen, wie ein anderes „wie“ vielleicht die Bedeutung hätte verändern können.

Und notwendig beim Beobachten: Du musst versuchen zu ergründen, wie jemand auf das „wie“ reagiert, bevor du das selbst gezielt einsetzt. Wenn du kannst, fang bereits mit Stimmtraining selbst an – am besten wieder als Partnerübung.

Weiterführende Literatur und Medien

Was das Gesicht sagt

Um es direkt noch mal zu wiederholen: Im Gesicht wirst du selten das lesen, was du zu lesen können glaubst. Diese ganzen Seminare, die dazu beworben werden, sind sehr irreführend. Du lebst in einer Gesellschaft, in der Menschen schon als Kleinkinder darauf getrimmt werden, bestimmte Gesichter zu machen und bestimmte Gesichter zu unterlassen.

Wenn sich jemand unbeobachtet fühlt, wird das vielleicht noch funktionieren; wenn diese Person sich ihrer Sache sehr sicher ist, dann wird es helfen; wenn eine Person wirklich emphatisch ist, wird es helfen. Aber hier ist schnell klar: Wenn sich eine Person wohl oder eben unwohl fühlt, ist die Mimik dann meist eine Reaktion darauf, die oft im Millisekundenbereich passiert, den sogenannten Mikrogesten.

Und da ist es sinnvoll anzusetzen: Als reaktives Verhalten abweichend der Ausgangsbasis zu deuten, allerdings eben nicht um „an sich“ daraus etwas abzuleiten. Damit das funktioniert, musst du bereits sehr aufmerksam sein, und hier auf kleinste und feinste Details achten können, und besonders, wie diese sich – wie bei der Körpersprache – im Laufe der Zeit verändern. Schürzen sich die Lippen? Ändert sich die Pupillenweite? War das ein angedeutetes Lächeln, und wenn ja, war es belustigt oder doch nur Schadenfreude? Wie lange und wie wird im Gesprächsverlauf der Augenkontakt gehalten?

Die Übung hier wird für dich im Wesentlichen aus zwei Teilen bestehen: Konzentriert beobachten und möglichst viele Details mit möglichst wenig Aufwand erkennen, und das ganze noch mal als Reaktion auf Reize und Einflüsse zu beobachten, um sie korrekt zuordnen zu können. Eben: Wenn es darauf ankommt, haben fast alle Menschen ihre Mimik im Griff, aber wenn sie etwas zeigt, dann richtig.

Weiterführende Literatur und Medien

  • die Gesichtsausdrücke in allen Pixar-Filmen

Zusammengefasst

Körpersprache ist unglaublich spannend und faszinierend und nicht ohne Grund etwas, mit dem du dich ein Leben lang beschäftigen und dabei immer dazu lernen kannst. Sie ist dabei nie wirklich 100 prozentig aussagekräftig. Allerdings kann sie, wenn du sie selbst bewusst einsetzt, das, was du sagst, mit Bedeutung untermalen. Und sie selbst lesen und deuten zu können, hilft dir nicht nur dabei, dein Gegenüber besser zu verstehen, sondern auch, um dich vor Manipulation zu schützen.

Notizen

  1. Gerade Frauen sollten das auch mal machen und schauen, was passiert. ↩︎