Der lebensbejahende Pessimist
2024.04.13Ein Freund nannte mich mal einen „lebensbejahenden Pessimisten“. Dem würde ich nur nicht mehr zustimmen, und selbst wenn, wäre die Sache wahrscheinlich etwas komplizierter:
Die Dinge scheinen gleichzeitig besser und schlechter zu werden. Die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, nehmen an Umfang und Geschwindigkeit zu, was es immer schwieriger macht, sie zu verstehen und zu lösen. Wir befinden uns auf einer Achterbahnfahrt in eine Zukunft mit Herausforderungen, die zu groß, zu unbeschreiblich und zu unvorhersehbar sind, als dass wir sie abwenden könnten.
Selbst die großen Fortschritte, die wir bei der Lösung vergangener Probleme gemacht haben, führen oft zu noch komplexeren Problemen. Wie zum Beispiel das Haber-Bosch-Verfahren, das zwar den Mangel an Düngemitteln beseitigt hat, aber gleichzeitig auch zur Bevölkerungsexplosion und Umweltzerstörung beiträgt. Das wiederum begünstigte das Auftreten von Zoonosen durch Massentierhaltung, die globale Erwärmung und andere Nebenwirkungen, deren Bewältigung uns noch immer vor große Rätsel stellt.
Es geht nicht darum, dass wir alle dem Untergang geweiht sind, sondern um die Sorge um das Leid, das Menschen und die nichtmenschliche Welt ertragen müssen, während sich diese Systeme mit oder ohne unser Zutun selbst korrigieren. Die Sorgen derer, die sich fragen, wie wir die Umwälzungen der nächsten 100 Jahre überstehen werden, als unbegründet abzutun, ist eine Form von Verleugnung oder Fahrlässigkeit.
Wir müssen uns auf Schadensbegrenzung und -minderung konzentrieren. Um diese entscheidenden strategischen Diskussionen führen zu können – und die damit verbundene Wut, Trauer und manchmal auch Hoffnungslosigkeit zu überwinden – müssen wir zunächst anerkennen, dass die Probleme existieren.
Nur dann können wir gemeinsam nach Lösungen suchen, um die Auswirkungen von sozialer Ungerechtigkeit, Krieg, Massenmigration und Umweltverschmutzung bestmöglich zu mildern, während wir aufhören, uns in Einzelaktivitäten, ob individuell oder staatlich, zu verzetteln, und eine übergeordnete Vision entwickeln, die den verschiedenen Ansätzen eine gemeinsame Richtung gibt.